Die Gewinner des Rimowa Design Preises 2025 im Interview

Vergangene Woche wurde im Gropius Bau in Berlin feierlich der Rimowa Design Preis 2025 verliehen. Der Rimowa Design Preis ist eine Auszeichnung für herausragendes deutsches Design und hat sich zur Aufgabe gemacht, kreative Talente zu fördern, die die Zukunft gestalten. Diese exzellente Auszeichnung konnten sich die Studierenden Elisabeth Lorenz und Marc Hackländer sichern und überzeugten die Jury mit ihrem herausragenden Prototyp „hottie“ – ein Menstruationsgürtel, der mittels transkutaner elektrischer Nervenstimulation (TENS) und Wärme Beschwerden effektiv lindern kann – unterwegs und alltagstauglich.
Wir haben mit den beiden nach der Verleihung gesprochen:
WIE HABT IHR EUCH GEFÜHLT, ALS IHR VON DER AUSZEICHNUNG ERFAHREN HABT?
Als wir von der Auszeichnung erfahren haben, waren wir überwältigt – im besten Sinne. Es fühlt sich noch immer ein wenig surreal an, dass unser Projekt mit dem RIMOWA Design Prize 2025 ausgezeichnet wurde. Wir sind unglaublich dankbar für diese Anerkennung und sehen sie als große Chance.
Der gesamte Prozess war für uns eine intensive und inspirierende Reise – voller neuer Impulse, frischer Herangehensweisen, spannender Perspektiven und wertvoller Erfahrungen. Der Gewinn ist für uns nicht nur eine Bestätigung unseres Konzepts, sondern auch eine starke Motivation, weiterzumachen und als angehende Designer*innen aktiv an der Gestaltung der Zukunft mitzuwirken.
KÖNNT IHR UNS MEHR ÜBER DAS SPEZIFISCHE PROJEKT ERZÄHLEN, MIT DEM IHR DEN PREIS GEWONNEN HABT? WAS WAR DIE ZENTRALE IDEE ODER DAS KONZEPT?
Mit unserem Projekt „hottie“ haben wir ein tragbares Gerät entwickelt, das Wärme- und TENS-Technologie kombiniert, um Menstruationsbeschwerden effektiv zu lindern. Die zentrale Idee war es, eine diskrete, mobile und ästhetisch ansprechende Lösung zu schaffen, die sich nahtlos in den Alltag integrieren lässt – ganz ohne Einschränkungen.
Viele bestehende Produkte wirken medizinisch, unhandlich oder lassen sich nur schwer unterwegs verwenden. „hottie“ setzt genau hier an: Es ist leicht, intuitiv bedienbar und angenehm zu tragen – ob zu Hause, in der Uni oder unterwegs. Dabei war uns wichtig, nicht nur ein funktionales Produkt zu gestalten, sondern eines, das auch emotional anspricht und den Nutzer*innen ein Gefühl von Selbstbestimmtheit und Komfort gibt.
WAS WAREN DIE GRÖSSTEN HERAUSFORDERUNGEN, DIE IHR WÄHREND DES DESIGNPROZESSES BEWÄLTIGEN MUSSTET?
Die Herausforderungen im Projekt haben sich im Laufe der Zeit deutlich verändert. „hottie“ entstand ursprünglich im dritten Semester in einem Ergonomiekurs mit Fokus auf gesundheitsorientiertes Design. Wir wollten ein reales Problem angehen, das viele betrifft – Menstruationsschmerzen sind ein oft übersehenes Thema. Anfangs lag der Fokus vor allem auf Funktion und technischer Machbarkeit, insbesondere der Kombination von Wärme- und TENS-Therapie. Dabei konnten wir Tragekomfort, Akku-Laufzeit, Größe und Gewicht an vielen Mitschülerinnen testen, sodass der Gürtel auf Basis der auf dem Markt existierenden Technologien umsetzbar ist.
Im Praxissemester war die räumliche Trennung eine große Herausforderung. Ohne feste Strukturen waren klare Kommunikation, Eigenverantwortung und gutes Zeitmanagement entscheidend. Wir entwickelten das Projekt eigenständig weiter – losgelöst von der Hochschule. Durch die Zusammenarbeit mit Adidas konnten wir uns von einem „heute funktionierenden“, aber schnell veraltenden Produktdenken lösen und uns auf zukunftsweisende Möglichkeiten konzentrieren.
Neue Materialien und Technologien wie 3D-Knitting erweiterten unser Verständnis von Tragekomfort, Ästhetik und Passform grundlegend. Insbesondere das Branding rückte stärker in den Fokus, was uns erlaubte, unsere Herangehensweise komplett umzukehren: Die Technik wurde zum Konzept, an das das Design angepasst wurde. Das ursprüngliche Design wurde fast vollständig überarbeitet – keine abnehmbaren Elektroden, keine Klettverschlüsse oder Lycra mehr. So entstand ein innovativer Gürtel, bei dem alle Komponenten in einem leitenden 3D-Strick integriert sind und der sich jedem Körper perfekt anpasst. „hottie“ ist heute nicht nur ein funktionales medizinisches Produkt, sondern auch ein Lifestyle-Accessoire.
WELCHE RÜCKMELDUNGEN HABT IHR VON DER JURY ODER ANDEREN DESIGNERN ZU EUREM PROJEKT ERHALTEN?
Die Rückmeldungen von der Jury und anderen Designern waren durchweg sehr positiv – zugleich aber auch wegweisend und motivierend für uns. Alle haben das große Potenzial und die Notwendigkeit eines Produkts wie „hottie“ für ein so universelles Problem erkannt. Besonders unser Mentor Nic Galway hat uns dazu ermutigt, über die derzeitige technische Machbarkeit hinauszudenken und den Blick in die Zukunft zu richten. Er stellte wichtige Fragen zur Weiterentwicklung der Technologie in den nächsten fünf bis zehn Jahren und dazu, wie „hottie“ sich als Lifestyle-Produkt noch stärker positionieren könnte. Diese Impulse motivierten uns, das Projekt visionär weiterzuentwickeln – etwa durch die Integration von smarten Textilien, die sich wie eine zweite Haut anfühlen und die Technik noch kleiner und unauffälliger machen könnten. Nic war damit eine große Inspiration, die uns geholfen hat, den Fokus von einem rein funktionalen Produkt hin zu einem innovativen und zukunftsfähigen Konzept zu erweitern. Seit der Bekanntgabe der Finalisten haben wir zudem zahlreiche Rückmeldungen von potenziellen Nutzer*innen erhalten, die „hottie“ gerne kaufen und verwenden würden. Das zeigt uns, wie groß das Interesse und der Bedarf an einer solchen Lösung tatsächlich sind.
GAB ES IN EURER STUDIENZEIT EINEN BESTIMMTEN MOMENT, DER EURE SICHTWEISE AUF DESIGN NACHHALTIG GEPRÄGT HAT?
Einen ganz bestimmten Moment gab es eigentlich nicht – es war eher ein schleichender Prozess. Wenn wir aber einen nennen müssten, dann wäre es wahrscheinlich genau jetzt: das Gefühl, mit dem Gewinn des Preises tatsächlich etwas bewegen zu können. Es zeigt uns, dass Design mehr sein kann als nur Gestaltung – nämlich ein Werkzeug, um echte, positive Veränderungen anzustoßen und sinnvolle, zukunftsorientierte Lösungen zu entwickeln.
WELCHE ROLLE SPIELT DIE HOCHSCHULE IN EURER ENTWICKLUNG ALS DESIGNER/IN?
Die Hochschule hat uns ein solides Fundament in den Bereichen Konzeptentwicklung, technische Machbarkeit und Innovationsdenken gegeben. Besonders die praxisnahen Projekte – wie unser Ergonomiekurs im dritten Semester – haben uns geholfen, reale Probleme aufzugreifen und gezielt Lösungen zu entwickeln.
WELCHE FÄHIGKEITEN HABT IHR WÄHREND EURES STUDIUMS AM MEISTEN ENTWICKELT, UND WIE HABEN SIE ZU EUREM PREISGEKRÖNTEN PROJEKT BEIGETRAGEN?
Während unseres Studiums haben wir vor allem unsere Fähigkeit weiterentwickelt, konzeptionell und innovativ zu denken und dabei stets die technische sowie reale Machbarkeit im Blick zu behalten. Iteratives Arbeiten – also das kontinuierliche Testen, Reflektieren und Weiterentwickeln – spielte dabei eine zentrale Rolle. Zudem ermöglichte uns das Studium, uns gezielt auf Schwerpunktprojekte zu konzentrieren und intensiv an ihnen zu arbeiten. So konnten wir als Studierende zu kleinen Expert*innen in unseren spezifischen Projekten und Themenbereichen werden und diese auf verschiedenen Ebenen ausgestalten, was maßgeblich zur Qualität unserer Entwürfe beiträgt.

